Hier entsteht eine Sammlung kleinerer und größerer Kurzgeschichten
Hier findet Ihr ein paar Einblicke in meine literarische Vielfalt. Ganz egal ob Thriller, Fantasy, Horror oder Kinder- und Jugendbücher. Für jeden ist etwas dabei.
Viel Freude beim Lesen.
Ich stellte mein Fahrrad am Rande der B9 ab und blickte mich um. Der Tag vor Heiligabend, 21:30 Uhr. Die ganze Welt war damit beschäftigt, Geschenke zu verpacken, gemeinsam den Weihnachtsbaum zu schmücken und sich auf morgen zu freuen.
Und ich? Ich war damit beschäftigt einen Auftrag auszuführen, während sich meine Kollegen im Hauptquartier der P.T.F. bei der alljährlichen Weihnachtsfeier volllaufen ließen.
„Glückwunsch“, hatte Aaron zu mir gesagt, während er genüsslich an seinem Eierpunsch genippt hatte und festliche Partymusik durch die geschlossenen Türen der großen Halle gedrungen war, in denen für gewöhnlich die Ingenieure ihrer Arbeit nachgingen. „Dein erster Soloauftrag. Enttäusche uns nicht.“
„Kann ich das nicht morgen machen?“, hatte ich gemault und einen sehnsüchtigen Blick zu Maya geworfen, die in diesem Augenblick den Kopf durch die Tür gesteckt hatte. Eine Weihnachtsmütze saß schief auf ihrem Kopf und freudiger Glanz lag in ihren Augen.
„Aaron, kommst du? Gleich geht das Wichteln los.“ Zu mir hatte sie gesagt: „Logan, viel Glück. Denk an deine Ausbildung. Du schaffst das.“
Danke für gar nichts, dachte ich, zog den Rucksack ab und sondierte die Lage. Es war vollkommen still. Das Haus, das ich mir anschauen sollte, war eine verwitterte Ruine am Rande der B9. Ich kannte das Gebäude. Ich war schon oft hier vorbeigefahren, hatte mich aber nie getraut, es zu betreten. Schließlich war ich 33 und aus dem Alter für Mutproben längst raus.
Außerdem wusste ich, wie grausam die Dunkelheit wirklich war. Monster existierten und vermutlich würde sich hier auch eins befinden. „Nur Mut, Kumpel“, flüsterte ich mir zu, nahm den Bolzenschneider aus dem Rucksack und durchtrennte die schwere Kette, die um das massive schmiedeeiserne Tor gespannt war. Mit einem lauten Rasseln fiel sie zu Boden. Einen Moment lauschte ich gebannt in die Stille der Nacht hinein, doch ich hörte nichts. Nichts von den grausamen Geräuschen, die ein besorgtes Gemeindemitglied dem hiesigen Priester gemeldet hatte.
Kein nächtliches Johlen, kein schrilles Gekicher und erst recht keine absurden Schreie in irgendwelchen fremden und gemixten Sprachen.
„Was für ein Bullshit“, murmelte ich, steckte den Bolzenschneider wieder ein und öffnete das Tor. Quietschend schwang es auf. Ich zuckte zusammen und wäre beinahe über etwas gestolpert, als ich den ersten Schritt auf das Grundstück machte. Ich runzelte die Stirn und blickte zu Boden. Eine Taucherbrille? „Aaron, du haarloser Penner. Wenn das ein Scherz sein soll, schieß‘ ich euch alle über den Haufen!“ Ich zog meine 357er Magnum aus dem Oberschenkelholster, entsicherte sie und schritt langsam dem Weg zum Gebäude entlang. Brombeersträucher und Unkraut wucherte wild und behinderte mein Vorankommen. Ich schäumte vor Wut und dachte an meine Kollegen, die sich gerade festlich einen reinschraubten, während sie Last Christmas grölten und sich dabei in den Armen lagen.
Als ich die Tür erreichte spähte ich vorsichtig ins Innere des Hauses und sah … Nichts! Es war stockfinster und wirkte so, als wäre hier seit Monaten niemand mehr gewesen. Ich überlegte, ob ich nicht einfach das Handtuch werfen und mich verdrücken sollte, als ich es hörte: ein dumpfes Wummern, ein hohes, schrilles Quietschen und … war das Musik?
Ich blinzelte verwirrt und schluckte, während sich in meinem Hirn die wildesten Fantasien zu skurrilen Bildern zusammenfügten. Vampire, die eine Weihnachtsfeier mit ihren Opfern abzogen. Ein Werwolf, der sich Das Leben des Brian reinzog. Zombies, die einen wahren Festschmaus veranstalteten. Doch niemals hätte ich mit dem gerechnet, was ich sehen würde.
Ich öffnete die Tür, betrat das Haus und steuerte direkt in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Vor einer maroden gewundenen Kellertreppe blieb ich stehen und spähte vorsichtig hinab. Warme Luft schlug mir entgegen. Ebenso der Geruch von gebrannten Mandeln und Zimt. „Was zum …“, murmelte ich und trat auf die Treppe, die sich in gewundenen Bahnen nach unten schlängelte.
Mein Herz schlug wie verrückt, mein Mund wurde trocken und der Colt in meiner Hand zitterte leicht. Als ich auf dem Boden ankam, befand ich mich in einem schmalen Gang, der vor einer massiven Stahltür endete. Dumpf drangen die Geräusche an meine Ohren, die ich oben schon gehört hatte und grelles Licht flackerte durch den Spalt unter der Tür.
Ohne zu zögern ging ich darauf zu, überprüfte noch einmal meine Waffe und legte die Hand auf die Klinke. Innerlich zählte ich bis drei, dann öffnete ich sie und sprang in den Raum. Ich war auf alles gefasst. Ich war darauf gefasst, dass man mich anfallen würde. Dass man versuchen würde, mir das Fleisch von den Knochen zur reißen, dass mir Horden von Monstern entgegenblicken würden.
Doch auf das, was ich sah, hätte mich nichts vorbereiten können.
Ich stand in einem festlich geschmückten Raum. Bunte Girlanden hingen von der Decke, ich sah Kinderspielzeug, ein Buffet, auf dem es vor Bananen und Äpfeln nur so wimmelte, einen Christbaum, der bunt blinkte und eine Bühne, auf der ein kleines gelbes Männchen stand. Es hatte sich in ein glitzerndes Paillettenkleid geschmissen, trug eine Perücke aus langen blonden Haaren und trällerte fröhlich Santa Baby vor sich hin, während bestimmt 100 weitere gelbe Männchen vor der Bühne standen und Feuerzeuge schwenkten. Drei von ihnen lagen sich sogar in den Armen und weinten.
„Du bist verrückt“, flüsterte ich. „Du bist offiziell verrückt.“ Ich wollte mich umdrehen, zurück zur Zentrale fahren und Aaron sagen, wo er mich überall konnte. Just in diesem Moment drehten sich sämtliche Männchen zu mir um. Ich lachte hohl. „Ähm, hi?“
Sie trugen blaue Arbeitshosen und Taucherbrillen. Manche von ihnen hatten sogar nur ein Auge. Ich war völlig perplex.
„Ähm, hi“, äffte mich einer ziemlich genau nach, kurz darauf lachten alle.
Verlegen steckte ich die Waffe weg und hob die Hände. „Sorry“, begann ich. „Man sagte mir, hier gäbe es Monster zu erledigen. Ihr habt nicht zufällig welche gesehen?“
„Eh, Bob“, rief einer und deutete auf mich. „Lukatu! Lukatu!“ Dann ließ er seine Arme auf den Boden klatschen und setzte eine Miene auf, die meiner recht genau entsprach. Wieder lachten alle und auch ich kam um ein verlegenes Lachen nicht herum.
Eines der Männchen, über und über mit glitzerndem Lametta behangen, kam auf mich zu. „Kevin“, fiepste es und streckte mir eine Hand entgegen.
„Logan“, sagte ich und erwiderte den Gruß.
„Banana?“ Kevin deutete auf das Buffet. „Papple?“
„Lieber einen Whisky“, antwortete ich und grinste schief. Das Wesen blinzelte, dann lachte es schallend und zog mich mit sich.
Wenn Sie mich heute fragen, weiß ich von diesem Abend nicht mehr viel. Und ich werde leugnen, dass es diese Wesen gegeben hat. Doch, als Aaron mich irgendwann später anrief, stand ich auf der Bühne und grölte mit hundert anderen das Weihnachtsalbum von Wolfgang Petry.
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